Beachtenswertes bei dem Kauf von Waagen

Es ist allgemein bekannt, welche Wägesysteme für die Industrie zur Verfügung stehen und von welchen Firmen diese bezogen werden können.Trotzdem werden in vielen Fällen ungeeignete Waagen gekauft, und zwar aus verschiedenen Gründen.

Die Kenntnisse über den Waagenbau sind vielfach überraschend gering. Es trifft dieses nicht nur für Kaufleute, sondern auch für Techniker zu. Dieses soll keineswegs ein Vorwurf sein, liegt einerseits vielmehr daran, dass die technischen Lehranstalten sich im allgemeinen mit dem Waagenbau wenig oder gar nicht befassen, anderseits das Vorhandensein des Eichstempels eine suggestive Wirkung auf den Käufer ausübt. Gewiss haben viele Entscheider aufgrund praktischer Erfahrungen ein gutes Urteilsvermögen; dem steht aber die große Zahl derjenigen gegenüber, die vor die gleiche Entscheidung gestellt sind, ohne diese Erfahrungen zu besitzen.

Ausschlaggebend muss beim Kauf einer Waage stets der rein kaufmännische Standpunkt sein, technische Gesichtspunkte sind ihm untergeordnet. So paradox es zunächst scheint, an dieser Stelle eine derartige Frage überhaupt zu erörtern, so nötig ist es doch; denn nur zu oft wird unter Einkauf nach kaufmännischen Gesichtspunkten die Beschaffung von Waren lediglich zu möglichst niedrigen Preisen verstanden!

Bei dem Kauf einer Waage ist dieses besonders gefährlich, weil – wie schon erwähnt – der Eichstempel leicht zu Trugschlüssen führt. Das Vorhandensein des Eichstempels ist eine Selbstverständlichkeit – mehr nicht. Der Eichstempel beweist nur, dass bei der Eichung die Eichvorschriften eingehalten wurden, bietet aber keinerlei Gewähr für dauerndes gutes Funktionieren.
Es gibt leider Hersteller und Handelsunternehmen, deren Grundsatz es ist, die Erzeugnisse so billig wie möglich auf den Markt zu werfen, denen aber jedes Verantwortungsgefühl für ihre Fabrikate fern liegt, sobald diese sich im Einsatz befinden. Auch diese Erzeugnisse erhalten häufig die Eichung, weil sie zunächst gut „hingetrimmt“ wurden.

Hinzu kommt, dass die Schwierigkeiten bei der Herstellung moderner Waagen im allgemeinen stark unterschätzt werden. Selbst Techniker von Ruf halten diese Fabrikation für sehr einfach. Viele Firmen haben sich in den letzten Jahren mit der Fabrikation und Handel von Waagen beschäftigt. Genauso viele von diesen und auch alteingesessene Firmen haben in den letzten Jahren aufgegeben bzw. mussten aufgeben. Jahr für Jahr werden ganz erhebliche Mittel geopfert, verursacht von Firmen die außerhalb dieses Erwerbszweiges stehen und in Verkennung der Schwierigkeiten des Waagenbaues diesen Fabrikationszweig neu aufnehmen.

Diese Tatsachen zwingen – vor Investition einer Waage – folgende Kriterien zu prüfen:

  • Welcher Art sind die Wägegüter?
  • Welche Mindest- und welche Höchstlast haben die Wägegüter?
  • Wie viele Wägungen kommen täglich oder stündlich in Frage?
  • Mit welcher Genauigkeit muss gewogen werden?
  • Mit welchen mechanischen Belastungen ist beim Aufbringen der Last zu rechnen (insbesondere bei Plattformwaagen)?
  • Soll die Waage im Freien oder in geschlossenen Räumen aufgestellt, fest eingebaut, fahrbar, tragbar bzw. versetzbar sein?
  • Wie ist die Weiterverarbeitung der Wägedaten geplant?
  • Wie sind die Umweltbedingungen (ist mit Einflüssen durch Gase, Dämpfen oder Säuren zu rechnen)?
  • Wie sind die Bodenverhältnisse (bei Fahrzeug- und Gleisfahrzeugwaagen)? Evtl. ist eine Tiefgründung (Lagerung auf Pfählen) und eine druckwasserdichte Ausführung der Fundamentwanne erforderlich?
  • Ist der Einbauort (insbesondere bei Fahrzeug- und Gleisfahrzeugwaagen) blitzeinschlagsgefährdet? In diesem Fall ist ein umfangreicher netzseitiger Überspannungsschutz und eine Isolierung der Wägezellen gegen Schrittspannung aus dem Erdreich erforderlich?

Zweifellos unterliegen die allermeisten Waagen ständiger stärkster Beanspruchung. Auch die anderen Anforderungen werden meist derart sein, dass nur Waagen von hoher Güte in Frage kommen. Wenn es dem rührigen Einkäufer gelingt einen besonders hohen Nachlass zu erhalten, so ist dies nur ein scheinbarer Gewinn. Die billigere Waage kann aber im allgemeinen nicht so gut sein wie die teuere. Der Einkäufer hat eben nicht feststellen können, dass z.B. der Stahl der Krafteinleitung minderwertiger, die Brücken- bzw. Fundamentkonstruktion schwächer konstruiert ist und noch andere Eigenschaften die billigere Waage als „einfachere Ausführung“ kennzeichnen. Bei dieser einfacheren Waage werden-

abgesehen von Ausnahmefällen – meist schon nach relativ kurzer Zeit nicht unbedeutende Fehler und Störungen auftreten, durch die dem Erwerber erhebliche Kosten und auch Ärger entstehen.

Auf jeden Fall können bei stark benutzten Waagen ungeheure Verluste entstehen. Fachleute des Waagenbaues haben schon vielfach gemeinsam mit Betreibern und Eichämtern Überprüfungen durchgeführt. Es hat sich des öfteren ergeben, dass Waagen um mehrere Prozent falsch wogen, und dieses nicht bemerkt wurde. Die Verluste eines Unternehmens betragen infolge dieser Fehler mehrere hunderttausend Mark im Jahr! Es ist bekannt, welche Sorgfalt im allgemeinen beim Kauf anderer Einrichtungen, wie z.B. eines Kraftfahrzeuges, aufgewendet wird. Der Interessent begnügt sich nicht mit dem schönen Aussehen des Wagens, er unterrichtet sich über alle sonstigen Einzelheiten und insbesondere über den Ruf des Lieferwerkes, macht Probefahrten und erkundigt sich z.B. bei Bekannten, die dieses Fabrikat im Einsatz haben. Bei der Waage ist eine Prüfung nur bis zu einem gewissen Grade möglich. Daher bietet der Ruf des betreffenden Waagenherstellers und entsprechende Referenzen immer noch eine bessere Gewähr als die schönsten Anpreisungen und der niedrigste Preis.

Dieses trifft nicht nur für Wägesysteme zu, die im Freien stehen, sondern kommt auch für solche in geschlossenen Räumen bis zu einem gewissen Grade in Frage; denn der starke Wechsel der Temperaturen und der Wassergehalt der Luft kann sich sehr nachteilig auswirken, wenn die Wägetechnik nicht genügend geschützt ist. Die Gefahr des frühzeitigen Ausfalls der wichtigsten Bestandteile der Waage ist noch größer bei Blitzeinschlägen und solchen Einsatzfällen, wo mit Einflüssen durch Gase, Dämpfe und Säuren zu rechnen ist. Dieses bedingt nicht nur eine gute Isolierung und Kapselung der Wägetechnik, sondern auch die Verwendung besonderer Materialien. Je mehr eine Waage diesen verschiedenartigen Anforderungen gerecht wird, um so teurer wird der einmalige Anschaffungspreis sein, um so geringer sind aber andererseits die Verluste und die Instandsetzungskosten.

In der Praxis wird jeder Betreiber seine Waage(n), um Rückgaben bzw. Stillegungen durch das Eichamt zu vermeiden, vor der Nacheichung von einem Fachbetrieb überprüfen und ggf. instand setzen lassen. Diese Instandsetzung ist um so kostspieliger, je minderwertiger die Waage ist. Berücksichtigt man nun, dass der Besitzer einer Waage den Wunsch hat, diese einige Jahrzehnte lang im Betrieb zu haben, die Nacheichung aber alle zwei bzw. drei Jahre vor sich geht, so kann man auch hier wieder die großen Verluste berechnen, die entstehen, wenn eine geringwertige Waage mit Rücksicht auf den niedrigen Anschaffungspreis gekauft wird.

Aus dem gleichen Grunde sind eine große Anzahl von Betrieben schon dazu übergegangen, ihre Waagen laufend durch einen Waagenhersteller überwachen zu lassen. Dieses erfolgt bei häufig benutzten Waagen im allgemeinen in halbjährlichen Abständen. Hierdurch wird vermieden, daß sich größere Fehlerquellen – ohne bemerkt zu werden – einstellen und später kostenaufwendige Instandsetzungen erforderlich sind. Weiterhin wird die Verfügbarkeit der Systeme wesentlich erhöht.

Beim Aufbringen des Wägegutes, z.B. auf eine Plattformwaage, ist mit einer stoßweisen Beanspruchung zu rechnen: Die Waage muss daher praktisch viel höhere Lasten als die Wägelast aushalten und entsprechend solide hergestellt sein. Die Beschaffenheit des Bodens, erfordert beispielsweise beim Einbau von Fahrzeugwaagen in felsigen oder sumpfigen Geländen meistens eine wesentliche Abweichung von der normalen Ausführung. In Bezug auf diese besonderen Anforderungen ist bei der Beschaffung stets auch das Fachwissen des in Frage kommenden Herstellers zu beachten.

In den letzen Jahren kam es häufiger vor, dass Hersteller dem Kunden beim Kauf einer Waage die Software zur Wägedatenerfassung geschenkt haben.

Hier sollte sich der Einkäufer die Frage stellen, welche Motivation derjenige Hersteller haben sollte, für dieses Produkt einen Support zu leisten oder die Lieferung von Updates zu gewährleisten. Auf die Software an einer Waage ist in jedem Fall ein besonderes Augenmerk zu legen. Es sollte sich für den Entscheider die Frage stellen, wie sich ein reines Softwarehaus mit dem wägetechnischen Funktionen bzw. den eichtechnischen Bestimmungen auskennen kann. Hier sind insbesondere die Erfahrungen der Waagenhersteller aus vielen Bedarfsfällen für den Anwender unbezahlbar. Nur die Flexibilität und somit die einfachere Erweiterungsmöglichkeit der Software sowie die Basis auf verbreiteten Betriebssystemen, Datenbanken und Entwicklungsumgebungen schafft hier eine Investitionssicherheit. Weiterhin sollte der Entscheider darauf achten, dass für den Support von Wägetechnik sowie Software eine zentrale Anlaufstelle besteht und dass die Möglichkeit der Fernwartung gegeben ist. Außerdem sollte der Waagenhersteller über eine eigene Softwareabteilung mit ausgebildetem Fachpersonal verfügen.

Bei der Beschaffung sollten der Ruf des Lieferwerkes und entsprechende nachprüfbare Referenzen ausschlaggebend sein. In Bezug auf die Software sollte man sich diese in jedem Fall vorführen lassen oder die Gestellung eines Testsystems erwarten. Eine richtige Entscheidung zu treffen – nach Angaben auf dem Papier oder durch ein selbstablaufendes Demo-Programm – ist nahezu ausgeschlossen.

Zusammenfassend kann man also sagen:

  • Prüfen Sie sorgfältig, ob die Waage, die angeboten wird, in jeder Hinsicht dem Verwendungszweck entspricht.
  • Kaufen Sie nur bei Firmen, die anerkannt gute Arbeit leisten und wo entsprechende Referenzen bestehen.
  • Interessenten sollten zunächst prüfen, ob für ihren Betrieb nicht die Erzeugnisse von inländischen Unternehmen besser in Frage kommen können, da die Qualitätsansprüche im Ausland häufig anders sind bzw. anderen Normen unterliegen.
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